Geschichte
„Auf dem rechten Moselufer gewahrt man, dicht an den Berg gelehnt, das freundliche Dörfchen Burg, an dessen Spitze eine neue schneeweiße Kirche lacht, so nüchtern elegant, wie die meisten Schöpfungen der heutigen Baukunst. Des Ortes wichtigstes Erzeugnis ist der Wein, der für eines der edelsten Gewächse im Amt Zell gilt.“
Diese vor mehr als 130 Jahren in der Schulchronik niedergeschriebenen Worte haben bis auf den heutigen Tag ihre Gültigkeit behalten; denn wieder grüßt von der Höhe eine neue, helle Kirche, und noch immer bilden Wein und Weinanbau die Erwerbsgrundlage und den Mittelpunkt des Lebens in Burg.
Blättern wir weiter in der Chronik, so ist festzustellen, dass Burg ein sehr altes Dorf ist. Es wird erstmalig im Jahr 928 erwähnt, als Herzog Giselbert von Lothringen den Ort dem Trierer Erzbischof Rutger als Schenkung vermachte. Über die Entstehung seines Namens gibt es drei Versionen:
der Ort besaß einmal eine Burg, die an der Stelle stand, wo heute die Kirche steht
die alte Kirche mit ihren beiden Türmen erweckte den Eindruck einer festen Burg
der Name weist auf den Standort eines römischen Castells hin
Die dritte Version scheint die richtige zu sein, denn bei Ausgrabungen fand man in der Gemarkung Horst römische Münzen und beim Bau des Schlosses im Jahre 1912 Überreste des alten Castells.
Im Mittelalter war der Ort stark befestigt. Er war von einer Mauer umgeben, die drei Tore besaß; das erste am Reilweg, das zweite in der Nähe des Hohlweges und das dritte an der Untergasse. Ein Teil dieser Wehranlage war noch der im Jahre 1956 abgerissene Turm der alten Schule, deren größter Teil ebenfalls dazu gehörte.
Ein Archivbild von 1741 zeigt uns, wie Burg zur damaligen Zeit ungefähr aussah.
Der Ort war noch klein, er zählte ca. 50 Häuser, jedoch waren zur damaligen Zeit viele Fürsten- und Grafengeschlechter darauf bedacht, hier Eigentum zu erwerben, denn der Burger Wein war wegen seiner guten Qualität sehr geschätzt.
So hatten der Fürst von Salm, der Pfalzgraf Wilhelm von Hontheim, die Gräflich-Cratzschen Erben, die Grafen von Manderscheid, von der Leyen-Kesselstatt, von Sponheim, von Wildberg und von Warsberg Weinberge oder Zehnthöfe in Burg.
Sie entlohnten später damit ihre Getreuen für geleistete Hilfe oder die Klöster und Kirchen, um sich auf ewig Zeiten für das Seelenheil Beter zu verschaffen.
In Burg entstanden durch Schenkungen der Grafen von Löwenstein der kurtrierische Hofkammer-Besitz, durch eine Stiftung des Pfalzgrafen Wilhelm von Hontheim im 12. Jahrhundert an das Kloster Clausen und die Abtei Mettlach der Clausener und der Mettlacher Hof.
Als die Franzosen nach dem Ausbruch der Französischen Revolution von 1789 das linke Rheinufer eroberten, zogen sie in die Höfe der Kirchen und Klöster ein! Sie versteigerten die Weinberge und Gebäude. In Burg überstand nur das Gebäude des Mettlacher Hofes die Wirren des Krieges.
Ein Herr Mazen aus Koblenz steigerte das Haus und die dazugehörenden Weinberge und setzte einen Pächter namens Daun als Verwalter ein. Da die Winzer für die von Mazen gepachteten Weinberge sehr unregelmäßig ihren pflichtmäßigen Pachtbetrag ablieferten, schloss Mazen mit ihnen einen Vertrag, dass sie diese Weinberge als ihr Eigentum betrachten könnten, falls sie bis zum Jahre 1833 gewissenhaft ihre Pacht ablieferten. Die Winzer kamen dem nach und erhielten so die Weinberge als Eigentum. 1835 verkaufte Mazen das Haus an die Gemeinde, die es der Kirche als Pfarrhaus zur Verfügung stellte.
1880 fiel das Haus mit dem dazugehörigen großen Garten der Kirchengemeinde als gesetzliche Ablösung der Kultuskosten der Zivilgemeinde der Kirche als Eigentum zu.
Das Dorf vom 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts
In den folgenden Jahren erweiterte sich der Ort, die Häuserzahl stieg auf das Doppelte; etwa 100 Wohnhäuser gab es 1840.
Die Winzer erlebten schwere Zeiten. In den Jahren 1846-1856 gingen sie einer allmählichen Verarmung entgegen, und die Schuldenlast der Gemeinde steigerte sich auf 37 000 Mark. Die Weinpreise lagen auf dem tiefsten Stand. Der 47er erbrachte nur sechs Taler für ein Fuder, der 48er 10 Taler und der 49er kostete mit Fass nur 12 Taler.
In Burg betrieb man zu dieser Zeit zwar sehr viel Landwirtschaft, erntete aber wegen des anhaltenden Regens auch kaum Kartoffeln, Getreide und Gemüse.
Die Lebensmittelpreise standen hoch; für 36 Pfund Brotmehl zahlte man drei Taler, also den Erlös für ein halbes Fuder Wein. Wenn man noch bedenkt, dass ein großer Teil der Winzer zur damaligen Zeit nicht mehr als drei Fuder jährlich erntete, so ist es verständlich, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung den Unterhalt anderweitig verdienen musste.
Ein Teil der Winzer half bei Straßenbauten an den Moselufern, die von Staatswegen ausgeführt wurden, andere gingen sogar stundenweit zum Lohschälen. Sie mussten tagelang in nassen Kleidern arbeiten und nachts darin schlafen, denn Geld für neue Kleider fehlte, und sie hatten dabei kaum zehn Groschen Tagelohn.
Eine Besserung trat 1857 ein. Bei einem Weinbergsareal von 50 Hektar wurden 220 Fuder besten Weines geerntet, der für 150 bis 180 Taler je Fuder verkauft werden konnte. Die Schuldenlast der Winzer und der Gemeinde sanken langsam, und beim Bau der Verbindungsstraße Zell-Trarbach in den Jahren 1865-1869, die für Burg von großem Vorteil war, konnte sich die Gemeinde mit einem Betrag von 5500 Mark beteiligen.
Einen Rückschlag brachte noch einmal das Jahr 1870. Es wurden nur zirka zehn Fuder Wein in der gesamten Gemarkung Burg geerntet. Doch da die folgenden Jahre reichere Ernten brachten, ging es aufwärts in Burg.
Bei einer Zählung im Jahre 1880 hatte das Dorf 113 Wohngebäude und 151 Haushaltungen mit 564 Personen. Dass nicht nur Weinbau, sondern auch Ackerbau, Viehzucht und Obstanbau betrieben wurden, zeigen die folgenden Zahlen der Vieh- und Baumzählung, denn im Ort waren noch vier Pferde, 171 Stück Rindvieh, 78 Schweine, 13 Ziegen, 145 Hühner, 12 Bienenstöcke und 2085 Obstbäume.
1891-1895 erhielt der Ort seine Wasserleitung und wurde teilweise kanalisiert.
Um den Winzern in Geldsachen behilflich zu sein, errichtete die Raiffeisenkasse 1899 eine Filiale in Burg
1902 wurde Burg Bahnstation der Moseltalbahn, die genau 60 Jahre lang täglich verkehrte und am 31. Dezember 1962 eingestellt wurde.
Die geringste Ernte seit Menschengedenken war im Jahre 1905. Die Trauben des Pfarrwitums wurden am Stock verkauft, und der ganze Erlös betrug nur 24 Mark. Geldsorgen und Schulden bedrückten die Gemeinde und seine Bürger
Am 12. August 1913 bezog Landrat von Stein sein Schloss „Haus Horst“, für dessen Bau er zehn Hektar Land im Distrikt Horst erworben hatte. Heute ist das Schloss Privatbesitz, nachdem es im Jahre 1997 vom Land Rheinland-Pfalz veräußert wurde, welches im Juli 1964 hier eine Landesluftschutzschule einrichtete.
Am 8. Mai 1919 brennt zum erstenmal elektrisches Licht in den Häusern von Burg, und sieben Jahre später, also im Jahre 1926, fährt Heinrich Bucher zum erstenmal mit einem Trecker auf den Berg. An Schaulustigen fehlte es nicht.
Auch für den Männergesangverein Burg war das Jahr 1926 ein Jahr der Freude. Am 12. Mai konnte es das unter großen Opfern erbaute Sängerheim seiner Bestimmung übergeben.
Die größte Geldarmut herrschte in den Jahren 1924 bis 1933. Die Keller lagen voller Wein, aber es herrschte keine Nachfrage. Die Winzer griffen deshalb zur Selbsthilfe. Sie begannen mit dem Flaschenweinversand und holten sich die ersten Sommerfrischler aus Westfalen und vom Niederrhein ins Dorf. Das brachte Verdienst in manche Haushalte und linderte die größte Not.
Der gute 1927er, im Volksmund „Hypothekentilger“ genannt, trug zur Notlinderung auch wesentlich bei. Trotzdem wurde die Lage im Weinbau immer schlechter, und aus allen Weinbaugebieten schrie man um Hilfe. Viele Betriebe und Weinhandlungen brachen zusammen, das Geld wurde immer knapper, und die Winzer hätten um jeden Preis verkauft.
In der größten Not gründete man in Burg 1930 den Winzerverein und versprach sich durch ihn eine Hilfe.
1934 begann man von seiten des Reichsnährstandes Propaganda für den deutschen Wein zu machen. Jeder Weinort bekam Patenstädte. Burg hatte die Patenweinstädte Altenburg in Thüringen, Hildesheim und Burg a. d. Wupper. Verschiedene Sonntage wurden zu Weinwerbetagen erklärt; in den betreffenden Patenstädten wurde dann in allen Wirtschaften nur Wein von Burg ausgeschenkt. Noch heute bestehen freundschaftliche Beziehungen zur Patenstadt Burg a. d. Wupper.
Bis zum Kriegsanfang ging es dann aufwärts, der Krieg jedoch warf wie überall die Menschen in ihrem Schaffen zurück. Er forderte auch in Burg seine Opfer: 21 Gefallene und neun Vermisste.
Am 16. März 1945 morgens um 8 Uhr rückten die amerikanischen Truppen in Burg ein. Am Tage zuvor hatten sie von der anderen Moselseite das Dorf beschossen, viele Gebäude wurden dabei beschädigt, und der Bahnhof brannte ab. Personen kamen nicht zu Schaden. Am gleichen Tage nachmittags um 5 Uhr legten die abziehenden deutschen Truppen Artilleriefeuer in unserer Dorf.
Frau Paula Müller und Hubert Fischer fanden dabei den Tod, zehn Personen wurden leicht verletzt und viele Gebäude zerstört. Nach dem Kampf um Burg wurden vier deutsche Soldaten in der Gemarkung Burgs tot aufgefunden und auf dem Friedhof beerdigt.